Artikel
vom
2.4.21
Die abstrakte Darstellung einer spezifischen Blockchain-Technologie und ein indisches Slum-Viertel vor der Skyline von Mumbai. Was haben die beiden untenstehenden Bilder gemeinsam? Vielleicht ein impliziter Hoffnungsschimmer. Aber sonst nichts, rein gar nichts. Doch genau diese beiden Hoffnungsschimmer möchten wir in diesem Artikel ausleuchten und aufhellen. Ein Grossteil der Menschheit hat keinen Zugang zu den Mechanismen, die den Westen so erfolgreich gemacht haben. Es ist weder deren noch unser Fehler und darum soll es auch nicht gehen. Sondern vielmehr um eine Reise in unsere Vergangenheit. Dass es bei uns vor gar nicht so langer Zeit ähnlich aussah. Wie wir den Weg geebnet haben und wie das auch andere Länder tun können. Wie sich eine solche Veränderung auf die Kultur auswirkt. Trade-Offs zwischen Privatsphäre, Besteuerung und Zugang zu Kapital sind ein wichtiges Thema. Anschliessend versuchen wir, die Entwicklungen des Krypto-Sektors verständlich rüberzubringen. Dass wir hierzu auf konzeptioneller Ebene bleiben müssen, werden Sie als Leser verstehen. Wir setzen die Puzzle-Teile dieses Artikels zusammen und argumentieren dafür, dass diese neuen Technologien nicht nur unser Leben verändern können, sondern auch das der restlichen Weltbevölkerung.
Einige von Ihnen waren vielleicht schon dort, aber jeder kennt sie aus dem Fernseher: Die Shanty Towns, Favelas, Slums und Ghettos dieser Welt. Es handelt sich um besiedelte Gebiete, deren Bewohner das Grundstück nicht besitzen oder keine rechtlich gültige Dokumentation besitzen. Oft leben die Menschen seit Generationen dort und besassen noch nie einen Eigentumsnachweis oder haben einen solchen durch Regierungswechsel verloren. Andere leben abgeschnitten auf dem Land und lassen sich, in der Hoffnung auf ein besseres Leben, am Stadtrand nieder. Aus den in unseren Augen rudimentären Bauten entstehen mit der Zeit ganze Dörfer und Stadtviertel. Die Leute sind jetzt da und wissen nicht, ob ihr altes Zuhause bei einer allfälligen Rückkehr überhaupt noch verfügbar ist. Das lässt Regierungen und Verwaltungen oft machtlos. Zwangsumsiedelungen funktionierten in der Vergangenheit schlecht oder endeten blutig. Der bisher gangbarste Weg für Städte scheint die Umsiedelung in preiswerte Apartmentblöcke zu sein. Die Entwickler können erstklassiges Land erschliessen, dessen Profit die Wohnungskosten mehr als deckt und den Lebensstandard der umgesiedelten Menschen erhöht. Doch auch wenn es so utopisch ablaufen sollte, ist das Problem nicht gelöst. Die Bewohner haben nämlich keine offizielle Identität, sind selbständig und besitzen keinerlei Firmenstrukturen. Sie können ihre Haftung nicht beschränken, keine Tail-Risiken versichern und kein Investitions-Kapital auf ihre wenigen Assets aufnehmen. Sie sind de facto vom Kapitalismus abgeschnitten oder wie es der französische Historiker Fernand Braudel so treffend ausdrückt: Outside the Bell Jar.
Gelegentlich sehen wir Entwicklungen in die entgegengesetzte Richtung: Menschen, die sich in dieser Bell Jar befinden, verlassen sie absichtlich. Warum? Weil Hürden wie Kosten, regulatorische Anforderungen oder Kapitalvorschriften schlicht und einfach zu hoch sind. Eine solche Entwicklung konnte in der Vergangenheit u.a. in Russland beobachtet werden. Es sind auch dieselben Hürden, warum sich die Menschen nicht wieder zurück in den sogenannten «legalen Sektor» bewegen. So werden beispielsweise die Bewohner der Shanty Towns ausserhalb Limas (Peru) beim Versuch, ihren Tante-Emma-Laden offiziell als Firma einzutragen, mit einer für uns unvorstellbaren Bürokratie konfrontiert: Mehrere hundert Administrationsschritte über Monate, wenn nicht Jahre hinweg. Die Gesamtkosten für den Spass: Dreissig mal der offizielle Mindestlohn und sechs- bis achtstündige Arbeitstage mit Beamten anstelle im Tante-Emma-Laden zu arbeiten. Dies hängt oft damit zusammen, dass noch weitere Dokumente erstellt oder aufgetrieben werden müssen. Ein Geschäftsmann kann in Lima innerhalb weniger Tage problemlos eine funktionierende Firma gründen. Die hier aufgeführten Beispiele basieren auf Nachforschungen des Think Tanks «Institute for Liberty and Democracy», kurz ILD, und stellen in keinster Weise Extremfälle dar. Das Argument, die Bewohner müssten auch Steuern zahlen, sobald sie formell unterwegs seien, zieht nicht. Es ist ein Nullsummenspiel. Sie können gebüsst werden, wenn sie erwischt werden und sind von den normalen Lieferketten abgeschnitten – so brach z. B. der brasilianische Bausektor zusammen, während die Zementproduzenten keine Umsatzeinbussen verzeichneten. Dass nicht registrierte Käufe über Mittelsmänner in einem regelrechten «Favela-Boom» erfolgten war des Rätsels Lösung. So gehen Schätzungen zufolge rund 15-20% der verfügbaren Einkommen auf die Schmierung von Beamten oder der lokalen Mafia drauf. Von erhöhten Güterpreisen aufgrund der Lieferkettenthematik ganz zu schweigen.
Es ist ein völlig autarkes System. Man lebt nach seinen eigenen Gesetzen und verfügt über rudimentäre Rechtssysteme: Häusertransaktionen mit Zeugen, die im Streitfall herbeigerufen werden und mündliche Beweise abliefern. Streitschlichtungen bei älteren Bewohnern oder religiösen Führungspersonen als Mediatoren. Diese können Strafen aussprechen, die von der Gesellschaft akzeptiert werden. Oder Immobilienunternehmer, die einräumige Wellblechhütten bauen und vermieten. War das bei uns schon immer anders? Natürlich nicht. So wurden US-Siedler und Veteranen der Bürgerkriege oft mit Landbesitz incentiviert. So etwas wie ein Grundbuch gab es aber nicht. Dass sich bereits ein anderer dort niedergelassen hatte, stellte ein weitverbreitetes Problem dar. Es etablierten sich Corn-, Tomahawk- und Squatting-Rechte. Denn unbesiedeltes Land gab es viel und hatte einen sehr tiefen Wert. Wenn es jemand bewirtschaftete, stieg dessen Wert als Konsequenz. So hatte jeweils derjenige das Bleiberecht bzw. den Besitz, der dem Land am meisten Wert hinzugefügt hatte. Die Kennzeichnungen der verschiedenen Rechte erfolgten über Maisfelder («Corn»), Axtmarkierungen an Bäumen («Tomahawk») respektive dem Bestehen eines Hauses oder einer Kabine («Squatting»). Streitfälle bei Doppelbesitz konnten dann relativ unkompliziert mit Transaktionen zu Preisen nicht-bewirtschafteten Landes oder Optionen darauf geregelt werden. Dass beispielsweise der normale Schweizer keine Ahnung hat, woher dessen im globalen Vergleich sehr hoher Wohlstand rührt, ist auf den ersten Blick ein völlig bezugloses Exempel. Doch Forschungen zeigen, dass die immobilen Besitztümer mit sehr hohem Effort über mehrere Jahrzehnte um 1900 formalisiert wurden. Personen wie Eugen Huber, die diese Bewegung massgeblich vorangetrieben haben, sind heute in Vergessenheit geraten. Die Forschungsergebnisse suggerieren eine starke Kausalität dieser Entwicklung mit der Fähigkeit des normalen Bürgers, Zugang zu produktivem Kapital zu erhalten und schliesst daraus, dass zwar nicht die Formalisierung selbst einen Grossteil des Wohlstandes gebracht hat, sondern ein stabiles Fundament zur Wohlstandsschaffung hervorbrachte. Die Bevölkerung erhielt Zugang zu den Kapitalmärkten und einen Anreiz, ihren Besitz zu mehren – denn man wusste, dass dieser auch wirklich einem selbst gehört und nicht durch ein banales Missverständnis wieder verloren gehen konnte.
Fakt ist also, dass diese Gebiete nur sehr begrenzt illegal sind und wir uns vor gar nicht so langer Zeit in einer ähnlichen Situation befanden. Der extralegale oder informelle Sektor ist sowohl heute als auch historisch betrachtet überhaupt keine Anomalität. Dass es aber zwei Welten, innerhalb und ausserhalb dieser Bell Jar gibt, reflektiert ein starker Kontrast und mehr als nur eine Barriere. Wenn Sie den Film «In Time» gesehen haben, gibt es diesem eine komplett neue Bedeutung. Das ILD schätzt die Grösse dieses informellen Sektors übrigens auf einen tieferen zweistelligen Prozentsatz der weltweiten Vermögen – auch dies dürfte den vielzitierten globalen Vermögensstudien etwas mehr Kontext geben.
Wenn wir von zusätzlichen Registrierungen reden, sei dies von privater oder öffentlicher Seite, stemmen wir uns instinktiv dagegen. Das gehe keinen etwas an und verletze die Privatsphäre. In der Tat geht die Anonymität in vielen Fällen verloren: Kreditkarten, in-App Käufe, Identitätsprüfungen seitens Mobilfunkanbieter, Offenlegung der persönlichen Finanzsituation für eine «faire» Besteuerung und so weiter. In vielen Fällen kann man sich darüber streiten, was jetzt Sinn macht, was nicht und wo die Verhältnismässigkeit liegt. Fakt ist, es erhöht die Transparenz und senkt oftmals die Transaktionskosten: Mehr Informationen, kleineres Betrugsrisiko, effizientere Überprüfung der Besitzverhältnisse. Geschichten wie die von Victor Lustig, der den Eiffelturm zweimal verkaufte, ohne diesen je besessen zu haben, gehören damit wohl der Vergangenheit an. Natürlich ist es in vielen Fällen eine heikle Gratwanderung und kann selten als klar gut oder schlecht abgestempelt werden. Abwägen muss es jeder selber. Wir möchten hier einfach aufzeigen, dass wir gewisse Basics als gottgegeben wahrnehmen, obwohl die sinnvolle Umsetzung solcher Mechanismen einer der Grundpfeiler unseres Wohlstands und alles andere als selbstverständlich sind. Dem müssen wir Sorge tragen. Denn, wie oben beschrieben, findet man sich in einem verbürokratisierten oder korrumpierten System schnell wieder im informellen Sektor: Die Alternativen sind billiger und effektiver. Es gibt ständig Tendenzen in ebendiese informelle Richtung, weil eine relativ kleine Interessensgruppe immer davon profitieren würde. Die Chinesen stellten sehr früh äusserst treffend fest: Fischen Sie in trüben Gewässern (混水摸魚). Das Extrem in die andere Richtung ist ebenfalls nicht von der Hand zu weisen. Unsere Aufgabe in einer demokratischen Marktwirtschaft ist es, ein florierendes Ökosystem zu schaffen: Weder trüb noch gläsern, sondern in einer Bandbreite, die Effizienz ermöglicht – durch sinnvolle Überprüfungsmechanismen und klare Besitzverhältnisse. Dabei muss nicht alles an die Identität geknüpft sein. Beispielsweise lancierte die Schweizer Scheideanstalt PAMP SA die Smartphone-Applikation «Veriscan». Jeder Edelmetallbarren hat durch das Giessen oder Prägen winzige, einzigartige Spuren auf der Oberfläche. Diese werden von der Affinerie erfasst und zusammen mit der Seriennummer des Barrens abgespeichert. Die App kann somit mittels Handy-Kamera und Datenbank feststellen, ob die beiden Merkmale übereinstimmen und der Barren damit echt ist. Alleine dadurch dürfte die Spreads im Handel mit physischen Edelmetallen verkleinern. Eine Identitätsüberprüfung ist nicht notwendig. Durch die Fortschritte im Internet und die Entwicklung der Smartphones ist das erst möglich geworden. Über ein dezentrales pseudonymes System könnte noch eine Eigentümerhistorie implementiert werden. Die Technologie wäre dann diebstahlsicher – ohne dass irgendwer Ihre Identität erfahren muss (wenn Sie dies nicht möchten und sich aktiv darum kümmern). Unserer Meinung nach, ein echter Mehrwert.
Die Veränderungen, die uns das Internet brachte, müssen wohl keinem erklärt werden. Es ist immer wieder spannend, sich mit Zukunftsforschung und Science-Fiction zu beschäftigen und festzustellen, dass zwar jeder eine Disruption antizipiert, aber diese selten korrekt identifiziert. Und wenn doch, möchte die Mehrheit den Status Quo beibehalten. Das ist ganz natürlich, denn die meisten Ideen haben sich nicht bewährt. Mitte des 19. Jahrhunderts löste Ignaz Semmelweis eine Kontroverse aus, als er sich für das Händewaschen im Wiener Krankenhaus einsetzte. Alan Turing nutzte im zweiten Weltkrieg allen Widersachern zum Trotz erstmals eine Maschine zum Dechiffrieren des Nachrichtenverkehrs. Nikola Tesla war felsenfest überzeugt, dass die Energie und deren Transmission bald komplett kostenfrei würde – was später aber mit der Informations- und Datenübermittlung geschah. Oder Bill Gates, der in den Neunzigern überhaupt nichts vom Internet hielt. Genauso stehen Forscher und Gesellschaft gleichermassen vor einer langsamen aber stetigen Veränderung, was den Schienenverkehr (Magnetic Levitation und Hyperloop), die Weiterentwicklung von Computern (indem man die Inferenz von Quantenteilchen anstelle von Transistoren nutzt) sowie die Peer-to-Peer Verbindung von Speichermedien, die eine Ereigniskette formen (Blockchain-Technologie) – um nur ein paar wenige aktuelle Fronten zu nennen. Natürlich können wir heute noch nicht sehen, wohin sich diese genau entwickeln und wie sie gegebenenfalls kombiniert werden können.
An dieser Stelle möchten wir auf die Blockchain-Technologie eingehen. Es fühlt sich ein bisschen so an, wie das Internet in den 1990er Jahren – und es herrscht Aufbruchstimmung. Wichtig finden wir das Differenzieren zwischen dem aktuellen Coin-Hype und der dahinterstehenden Technologie. Es erinnert stark an den Dotcom-Boom: Viele Anbieter werden verschwinden, die Branche wird sich konsolidieren, es wird Betrügereien geben, ein paar wenige Player werden überleben und die Technologie wird sich durchsetzen. Ob das spekulative Halten von Bitcoin der ultimative Weg zur Partizipation dieses Trends ist, können und wollen wir nicht beantworten. Generell möchten wir an dieser Stelle weder auf Coins noch auf spezifische Blockchains und deren rein spekulative Preisentwicklungen eingehen. Wir gehen jedoch davon aus, dass Sie bereits grob wissen, was eine Blockchain ist und wie diese grob funktioniert. Es liegt auf der Hand, dass dieses Konzept ohne uneingeschränkte Informationsübermittlung und immer günstiger werdenden Speichermedien und Rechenleistung nicht möglich wäre – genau wie E-Mail anno dazumal. Es baut auf der Entwicklung und Verbreitung der Computer (etwa 1970 bis 1990), dem Internet (etwa 1990 bis 2010) und den mobilen Geräten (etwa 2000 bis 2020) auf. Die sinnvolle Kombination dieser Technologien ermöglicht z.B. einen Bankzugang für Menschen, die fast eine Tagesreise über Stock und Stein von der nächsten Stadt entfernt im tiefen Kongo leben – und zwar über deren banales Mobiltelefon.
Doch was bedeutet die Nutzung der dieser Technologie wirklich? Wir bewegen uns hier in einem rein spekulativen Gedankenexperiment – sind aber überzeugt, dass sich die Zeichen am Horizont langsam abbilden. So lassen sich nicht nur Daten dezentral sicher und eindeutig identifizierbar speichern, sondern auch Rechenleistung auf dieselbe Art und Weise allokieren. Genau wie Sie Ihre Coin-Guthaben auf der Blockchain abbilden, können Sie das auch mit realen Vermögenswerten tun. Mit letzterem hat der Kunstmarkt kürzlich Schlagzeilen gemacht, indem das digitale Eigentumsrecht einer Bilddatei für eine Rekordsumme den Besitzer wechselte. Es entstehen neue handelbare Assets: Virtuelle Ausrüstung von Gaming-Charakteren können dem Weltmeister abgekauft werden und sind allgemein unter den Begriffen «Token» und «Tokenization» zu finden. Im Gegensatz zu einer normalen Börse, die alles zentralisiert in einem Orderbuch abarbeitet, agieren die Crypto-Exchanges dezentral über sogenannte Liquidity Pools. Diese beinhalten Depositen zweier Vermögenswerte: Beispielsweise Ether (ETH, die Währung von Ethereum) und Dai (DAI, ein US-Dollar Stablecoin). Das gepoolte Verhältnis der beiden stellt den Wechselkurs dar. So zahlt man Mitbetreiber eines Pools von beiden Vermögenswerten im aktuellen Verhältnis ein und erhält dafür einen Token ebendiesen Pools. Jedes Mal, wenn eine Transaktion zum vordefinierten Verhältnis vonstatten geht, verändert sich logischerweise das Gesamtverhältnis und somit der Kurs. Es hat z.B. 10 ETH und 200 DAI im Pool, also können 20 DAI gegen 1 ETH getauscht werden und umgekehrt (ETH/DAI 0.05 Kurs). Ist jetzt ersteres passiert, hat es nun 220 DAI und 9 ETH im Pool; der ETH/DAI-Kurs ist somit auf etwa 0.04 gefallen. Bei jeder Transaktion fällt eine kleine Gebühr an, die den Pool-Tokenbesitzern für die zur Verfügung gestellte Liquidität anteilsmässig vergütet wird. Gleichzeitig ermöglicht die ausgelöste Kursveränderung eine Arbitrage-Möglichkeit. In unserem Beispiel kann Dai nun günstiger erworben werden. Also werden wir einen Anreiz haben, Ether einzuwerfen und dafür «zu viel» Dai zu erhalten um das Verhältnis im Liquiditätspool wieder zu korrigieren. Für ein spezifisches Asset-Paar kann es mehrere Liquiditätspools geben. Wenn Sie als Liquidity-Provider wieder aus dem Pool raus möchten, «verbrennen» Sie Ihren Token und erhalten beide Assets im aktuellen Verhältnis zurück. Sie haben nicht mehr gleich viel von jedem, wie Sie einbezahlt haben, aber es wird im Gesamtwert logischerweise etwa gleichviel bleiben (ist beispielsweise der DAI-Kurs gefallen, erhalten Sie viel mehr DAI als sie einbezahlt haben). Dieses Beispiel eines Liquidity Pools fällt bereits unter den Begriff Decentralized Finance (DeFi). Auf diese Weise können auch ganz andere Dienstleistungen angeboten und durchgeführt werden. Wir sind der Meinung, dass der Finanzsektor noch nicht erkannt hat, was da auf sein Quasi-Monopol zukommen könnte. Natürlich können auch Verträge, sogenannte Smart Contracts, programmiert werden. Ein banales Beispiel könnte das Nachbilden eines Future-Kontrakts sein. Um ein weiteres Beispiel zu den Möglichkeiten aufzuzeigen: Sie könnten eine vermietete Wohnung in 100 NFTs (non-fungible tokens, was soviel heisst wie es können nur ganze Tokens und keine Bruchteile gehandelt werden) packen, die monatlich je einen Hundertstel der Mieteinnahme, abzüglich Ihrer Verwaltungsgebühr, an die Tokeninhaber übermittelt. Das alles ist über die Tokens (Immobilienwert, Miete und Einnahmen) und einen Smart Contract (Regelung und automatische Abwicklung des Verwaltungsaufwands) möglich und kann dezentral gehandelt werden – die Banken sind damit draussen. Natürlich müssen gewisse Aufgaben wie Due Diligence (also eine tiefgreifende Prüfung des Tokens) nach wie vor durchgeführt werden. Dies ist aktuell noch nicht gut implementiert und man muss damit rechnen, dass ein Regulator einzugreifen oder dies zumindest versuchen wird.
Das Ganze steht also jedem offen. Die ganze Weltbevölkerung, die aktuell vom System ausgeschlossen ist, könnte davon profitieren ohne erst unzählige Dokumente über Jahre und exorbitante Kosten organisieren zu müssen. Sie könnte mittels Tokenization ihre Assets auf der Blockchain abbilden und sich mit Kapital versorgen. Doch ist das tatsächlich realistisch? Es könnte die Legislatur und diverse Geschäftsprozesse weiter demokratisieren, ja. Jeder kann die Infrastruktur nutzen, investieren oder seine Fähigkeiten monetarisieren, ja. Aber wie erfahren sie davon? Oftmals haben die Menschen noch gar kein Smartphone, Computer oder Internetzugang. Vom Bildungsniveau ganz zu schweigen. Wir sind der Meinung, dass die Technologie klar auf dem Vormarsch ist. Wir sind aber noch weit davon entfernt, hier Prognosen zu liefern und es kann sich tatsächlich zum Vor- oder Nachteil der Industrienationen, der Dritten Welt oder uns allen entwickeln. Schaut man aber auf die Entwicklungen des Internets zurück, sind wir mehr als zuversichtlich. Auch wenn der Weg steinig wird – genau wie bei jeder anderen Disruption auch. Die Skyline hinter den Slums von Bandara bleibt somit unser Sinnbild für die Entwicklung: Der vielversprechende, aber derzeit nicht greifbare Hoffnungsschimmer gibt sich am Horizont zu erkennen.
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